Echt ätzend – Mobazubehör im Eigenbau
Anleitungen zur Ätztechnik gibt es eigentlich schon ein paar im Netz. Wer an dem Thema interessiert ist (oder hier wird) sollte sie sich auf jeden Fall zur Gemüte führen. Dieser Text hier soll eher ein Erfahrungsbericht eines Mobaners sein, der versucht hat, sich diese Technik mit Bordmitteln zu erschließen.
Vorkenntnisse
Praktische Erfahrungen habe ich eigentlich nur aus grauer Vorzeit, als ich ziemlich erfolglos versucht habe, Platinen selbst herzustellen. Das ist inzwischen rund vierzig Jahre her, aber ich bin jetzt froh, dass ich die damals als Schüler angeschaffte Osram Vitalux Glühbirne nicht weggeworfen habe.
Theoretisch ist das Prinzip eigentlich recht einfach: Kupfer oder besser gesagt Kupferlegierungen werden mit einem UV-lichtempfindlichen Schutzfilm (genauer Fotopositivlack) versehen. Setzt man diese Schicht jetzt UV-Licht aus, wird sie im Entwicklerbad löslich. Wenn Teile des Blechs beim Belichten (z.B. durch einen teilweise schwarz gefärbten Film) abgedeckt werden, bleibt an diesen Stellen die Fotoschutzschicht intakt. Im eigentlichen Ätzbad werden die durch die Entwicklung freigelegten Bereiche chemisch angegriffen (oxidiert) und damit aufgelöst, fertig.
Grundmaterialien
Für den Modellbau werden Bleche aus Kupferlegierungen eingesetzt, da reines Kupfer sehr weich ist. Messingbleche (Legierung aus Kupfer und Zink) sind schon etwas härter, lassen sich aber immer noch leicht verformen, während Neusilber (Legierung aus Kupfer, Zink und Nickel) sich durch seine Härte auszeichnet. Im Prinzip kann man Bleche selber beschichten, die entsprechenden Sprühdosen mit Fotolack (z.B. Positiv 20 von Kontakt Chemie) erhält man im Elektronikfachhandel. Da ich aber inzwischen in Lohn und Brot stehe, gönne ich mir den Luxus beidseitig fertig beschichteter Bleche.
Filmherstellung
Als Maske zum Belichten wird eine transparente Folie benötigt, die an den Stellen, wo der Fotolack erhalten bleiben soll, lichtundurchlässig geschwärzt wird. Die Zeichnungen lassen sich zum Beispiel mit CorelDraw machen. Damit die Ätzkanten nachher sauber werden, muss die geschwärzte Seite der Folie direkt auf dem Fotolack aufliegen. Der Ausdruck muss also seitenverkehrt erfolgen. Für optimale Schwärzung und somit besten Ergebnissen sollte man die Dateien zur Filmbelichtung in eine Druckerei geben. Häufig reichen aber auch Folienausdrucke von Laserdruckern aus (bei Tintenstrahldruckern habe ich keine Erfahrung). Als Basismaterial können Folien für die Druckformerstellung (z.B. Zweckform 3491) ganz gut verwendet werden.
Durchgeätzte Bleche stellt man her, indem man beide Seiten in einer Filmtasche belichtet. Dazu erhalten die Zeichnungen für Vorder- und Rückseite Passmarken. Nach dem Belichten wird ein Film etwas kleiner zugeschnitten und nach Ausrichten einfach mit Tesafilm an dem zweiten Film fixiert. Wichtig ist, dass die geschwärzten Seiten der Filme aufeinander zu liegen kommen und dass die Ausrichtung der beiden Filme an den Passmarken sorgfältig erfolgt, damit auch dünne Stege im Blech realisiert werden können.
Je geringer die wegzuätzende Fläche ist, umso schneller verläuft der Ätzvorgang und das Ätzbad hält länger. Zwischenräume sollte man also tunlicht nicht wegätzen, sonder stehen lassen.
Beispiel: Filme mit wildem Rhabarber (Vorder- und Rückseite)
Filmtasche mit eingeschobenem Papierblatt
Belichten
Nach Abziehen der Schutzfolien werden die grob zugeschnittenen Bleche zusammen mit dem Film bzw. der Tasche zwischen zwei Glasplatten geklemmt. Die beschichteten Filmseiten kommen dabei auf dem Blech zu liegen. Anschließend wird diese Kombination belichtet.
Der Fotolack ist UV-lichtempfindlich. Daher benötigt man keine Dunkelkammer und kann bei gedämpftem Licht problemlos arbeiten (z.B. Leuchtstoffröhrenlicht im Keller). Auf der anderen Seite benötigt man eine Lichtquelle mit hohem UV-Anteil. Neben Sonnenlicht kommen dafür diverse elektrische Quellen in Frage. Ich habe einen 500 W Halogenbaulampe und 300 W Osram Ultra Vitalux Glühlampe ausprobiert. Die Halogenbaulampe hat in 30 cm Entfernung eine zu große Wärmeentwicklung, die bei den erforderlichen Belichtungszeiten zur Filmverformung und damit zu dessen Zerstörung führt. Bessere Erfahrungen habe ich mit der Vitalux Glühlampe gemacht, deren Lichtspektrum der Sonnenstrahlung im Hochgebirge entsprechen soll, d.h. der UV-Anteil ist recht hoch. Dieses technisch ausgefeilte Belichtungsgerät seht ihr auf dem Foto ;-).
Sicherlich gibt es noch andere Lichtquellen (z.B. Osram Nitraphot Glühlampe), mit denen ich aber keine Erfahrungen habe.
Normales Glas absorbiert UV-Licht! Sicherlich wäre Quarzglas, da UV-durchlässig, besser geeignet. Es ist allerdings kaum zu beschaffen und erheblich teurer. Daher verwende ich dünne Normalglasplatten mit einer Stärke von 1,5 mm.
Für die Ermittlung der optimalen Belichtungszeit habe ich mir einen kleinen Film für Testbelichtungen gemacht.
Die einzelnen Felder werden einfach unterschiedlich lang belichtet (einfach mit Pappe o.ä. teilweise abdecken). Nach dem Entwickeln und Ätzen erkennt man recht schnell die optimale Belichtungszeit. Entweder werden die belichteten Bereiche nur unzureichend angegriffen (Unterbelichtung) oder dünne Fotolacklinien zeigen Beschädigungen (Überbelichtung).
Entwickeln
Das Entwickeln von Positivfotolack erfolgt mit 1 % Natronlauge . Diese kann man sich leicht selbst aus 10 g Natriumhydroxid und einem Liter Wasser herstellen. Die Lösung sollte man in einer dicht schließenden Kunststoffflasche aufbewahren. Natriumhydroxid und die entstehende Natronlauge sind ätzend. Man sollte das Gefahrenpotential von der stark verdünnter Natronlauge nicht überbewerten, aber insbesondere die Lagerung der Lauge außerhalb der Reichweite von Kinderhänden sollte selbstverständlich sein. Augen- und Hautkontakt sind zu vermeiden, als Erste Hilfemaßnahme sollte mit viel Wasser gespült werden. Bei Augenkontakt sollte man den Augenarzt konsultieren. Das gilt natürlich auch für die anderen hier verwendeten Chemikalien.
Den Entwicklungsvorgang führe ich in einer manuell bewegten Kunststoffschale durch. Anfängliche Schwierigkeiten ließen sich auf eine kellerkalte Entwicklerlösung zurückführen. Nachdem ich die Kunststoffschale mit der Entwicklerlösung in einem warmen Wasserbad vorwärme, verläuft der Prozess, den man optisch sehr gut verfolgen kann, innerhalb von 2-3 min. Bleiben auf dem Blech an belichteten Stellen Schleier des Fotolacks zurück, deutet das auf eine Unterbelichtung hin.
Nach dem Entwickeln wird das Blech gründlich unter fließendem Wasser gespült.
Entwicklung in einer Kunststoffschale (man kann die Bereiche mit abgelöstem Fotolack schon gut erkennen):
Ätzen
Beim Ätzvorgang wirkt ein Oxidationsmittel auf die beim Entwickeln freigelegten Oberflächen ein und löst das Metall einfach auf. Soweit die Theorie, in der Praxis gibt es mehrere Möglichkeiten zur Umsetzung. Die einfachste Variante ist das Ätzen in einer händisch bewegten Kunststoffschale mit Eisen(III)Chlorid-Lösung. Dieses Ätzmittel wirkt schon bei Raumtemperatur, wobei eine leichte Temperaturerhöhung schnellere und bessere Ergebnisse bringt (warmes Wasserbad bis 40°C). Als Nachteil lässt sich nennen, dass es Wasser aus der Luft anzieht (also in einem dichten Gefäß lagern) und dass es überall braune Ablagerungen hinterlässt, die u.U. das Familienklima erheblich belasten können, alte Kleidung ist also angesagt und man sollte nicht gerade im frisch renovierten Familienbad arbeiten. Für ein gleichmäßiges Ätzen ist die ständige Zufuhr von frischer Lösung an die Oberfläche erforderlich. Das Ätzbad muss also ständig leicht bewegt werden. Abstandshalter ermöglichen es, dass auch die Unterseite mit frischer Ätzlösung versorgt wird.
zum Ätzen vorbereitetes Blech mit Abstandshaltern aus dickem Klebeband:
Natriumpersulfatlösungen sind eine Alternative, wenn man bei definierter Temperatur zwischen 40 und 50°C arbeiten kann. Der Vorteil ist eine klare Lösung, so dass sich der Ätzvorgang gut verfolgen kann. Dies lässt sich in einfachen Ätzgeräten realisieren. Ich habe mir von der Fa. Gie-tec das Ätzgerät 1 (http://www.gie-tec.de/) angeschafft, das für meine Zwecke sehr zufriedenstellende Ergebnisse liefert. Ein Aquarienheizstab sorgt in einer Plexiglasküvette für die Temperaturregelung. Mittels einer Luftpumpe wird die Ätzlösung relativ gleichmäßig bewegt. Ein Bild der Apparatur muss ich bei Gelegenheit mal nachreichen. Auch hier gilt, dass die Lösung recht aggressiv ist und Schäden z.B. an der Kleidung hervorrufen kann.
Verbrauchte Ätzlösung sollte als Sondermüll entsorgt werden, da der Kupfergehalt hoch ist.
Finish
Nach dem Ätzen spüle ich das Blech gründlich mit Wasser ab. Die angeätzten Stellen laufen relativ schnell nach dem Trocknen an. Etwas Abhilfe schafft ein Bad in Aceton oder Isopropanol, dabei wird auch der Fotolack entfernt.
Wilder Rhabarber
Zum Schluß noch der wilde Rhabarber im Einsatz auf der Modellbahn. Diese großblättrige Pflanze findet man an feuchten Stellen, wo sie flächendeckend den Boden bedecken. Gruppen dieser charakteristischen Blätter sind auch auf der Moba eine Bereicherung. Inzwischen würde ich allerdings auf die einzelnen Blätter verzichten und nur Gruppen abbilden. Der Arbeitsaufwand beim Pflanzen ist sonst doch sehr groß. Als Basismaterial habe ich 0,2 mm starkes Neusilberblech gewählt. Die Adern sind sicherlich überdimensioniert, aber gerade sie führen dazu, dass man die Bleche als Pflanzen erkennt. Die Farbgebung erfolgt mit Arcylfarbe und festen Farbpigmenten.
Fazit
Inzwischen habe ich einiges an Ätzteilen gefertigt. Neben weiteren Pflanzen, deren Formen charakteristisch sind (Schwertlilien, Seerosen, Stockrosen, großblättriges Unkraut) habe ich mir auch spezielle Kleinteile zum Basteln und vor allem Gehwege, Ziegelmauern und ähnliches hergestellt. Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, diese Kleinigkeiten zu fertigen und finde, dass sie auf meinen Modulen echte Hingucker sind. Durch den hohen Selbermachanteil sind es einfach Unikate. Man kann, muss aber halt nicht alles machen lassen um zu brauchbaren Ergebnissen zu kommen.
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